Schulterverspannung (207)

Die Klientin leidet an immer wieder kehrenden Schulterverspannungen und Schulterschmerzen. In deiser Erstsitzung nimmt sie wahr, dass hinter diesen Beschwerden ganz fiel Wut auf ihre Mutter steckt. In ersten zaghaften Versuchen verleiht sie dieser Ausdruck, sodaß am Ende der Sitzung fast keine Schmerzen mehr zu spüren sind.

Kl: Ich habe jetzt so Hitzewallungen.
Th: Hmm, Spür mal, kennst du dieses Gefühl?
Kl: Hm, ja – wenn ich so Hitzewallungen bekomme, dann – dann merke ich das auch. Aber da ist es nicht angenehm, da ist es eher lästig. Jetzt ist es aber angenehm, weil die Hände auch schön warm sind.
Th: Hast du häufig kalte Hände oder kalte Füße?
Kl: Ja, habe ich. Im Hinterkopf auf der rechten Seite habe ich auch eine Spannung.
Th: Jetzt, im Moment? Gut, dann sprich die doch direkt mal an. Du kannst die Stelle direkt ansprechen und mit ihr reden. In der Innenwelt ist das alles möglich.
Kl: Ich soll mit meiner –
Th: Ja, mit der Spannung da im Kopf reden, direkt. Du kannst sie fragen, was machst du da, vielleicht kannst du mir zeigen, wo du herkommst?
Kl: Also Kopfspannung, was willst du mir sagen? – Die will nichts sagen.
Th: Guck mal, ob irgendeine Erinnerung von selbst auftaucht, ein Gedanke, der jetzt plötzlich kommt..
Kl: Nee. Aber ich glaube, es wird schon was weicher. Es ist nicht mehr so ganz schmerzhaft. Es fließt irgendwie anders.
Th: Du kannst es ja noch mal ansprechen: Du wirst weicher, du fließt mehr.
Kl: Kopfschmerz, du wirst weicher, fließender. Was möchtest du mir damit sagen? – Nichts.
Th: Spür mal, was das für ein Gefühl ist, du sprichst da was an, und es antwortet nicht.
Kl: Nee.
Th: Ich würde jetzt gerne folgendes machen. Ich würde jetzt gerne mit dir einen Gang visualisieren. Und zwar einen Gang, von dem verschiedene Türen abgehen. Und zwar ist das ein Gang in deinem Unterbewusstsein. Und von diesem Gang gehen verschiedene Türen ab, zu Themen, zu Bereichen in deinem Unterbewusstsein. Da würde ich jetzt gerne mal mit dir durch verschiedene Türen schauen. Bist du bereit dazu? Kannst du diesen Gang wahrnehmen?
Kl: Ja, dieser Gang sieht aus wie ein Eisenbahntunnel, also, vom Hellen ins Dunkle.
Th: Kannst du denn wahrnehmen, wie viele Türen es hier gibt? Ist das erkennbar? Vielleicht taucht auch einfach eine Zahl auf – jetzt.
Kl: Hört sich an wie Kohlenkeller. Ich werde immer leichter. Meine Beine schweben in der Luft. Ich glaube, ich merke meinen Körper gar nicht.
Th: Ja, du bist jetzt sehr tief entspannt. Kannst du noch mal mit mir in den Gang gehen?
Kl: Ich sehe nichts mehr. Es ist alles dunkel.
Th: Stell dir vielleicht einfach mal einen Gang vor, wenn es so schwierig ist, von selbst einen auftauchen zu lassen.
Kl: Ist es egal, wie der Gang aussieht?
Th: Ja. Das ist ein Ausdruck von dir, wie der aussieht, also total stimmig.
Kl: Ich sehe einen Gang, einen langen Schlossgang, wo links und rechts Türen abgehen. Ganz große Flügeltüren, holzgeschnitzt, so. Die sehn gut aus, wie im Schloss.
Th: Kannst du wahrnehmen, wie viele da sind?
Kl: Oh, also, ein bisschen weiter links ist eine ganz große, eine Doppeltür. Auf der rechten Seite ist hier vorne eine Tür, mit einem Flügel, und, ganz hinten am Ende ist auch noch auf der rechten Seite eine einflügelige Tür. – Wo soll ich denn reingehen. – Klientin soll sich eine aussuchen – Ich nehm die doppelte Flügeltür. Die ist auf der linken Seite.
Th: Hmm. Stell dich erst mal vor diese Tür hin. Und dann schau mal, auf dieser Tür hängt ein Schild, und da steht das Thema drauf, das sich hinter dieser Tür verbirgt.
Kl: Soll ich mal gucken? – Ein leerer Saal. Ein Tanzpalast.
Th: Ach du bist schon drin? Du bist ja schneller als ich. - Klientin lacht. – Okay.
Kl: Ein leerer Tanzsaal. Mit Fenstern, Kamin sehe ich auch, auf der linken Seite, über die ganze Front. Ansonsten ist der Saal leer. Die Sonne guckt durch, durch die Scheiben.
Th: Gefällt dir der Raum?
Kl: Ja. Sieht schön aus.
Th: Wie ist dein Gefühl, wenn du dort drin bist?
Kl: Gut, sehr nett. Ja. Mein Gefühl ist gut. Der Saal strahlt sehr viel Helligkeit aus. Es ist wohl auch viel - Tapeten in Gold und Schnitzerein in Gold und dann passt der Sonnenstrahl gut da drauf. Alles freundlich.
Th: Guck mal, was du gerne machen möchtest, in diesem Raum.
Kl: Ich tanze. Ja, ich tanze wie so eine Balett-Tänzerin. Wie so eine Pirouette. Ich drehe mich um meine eigene Achse.
Jetzt mache ich das Fenster auf. Ich will noch mehr frische Luft haben. Noch mehr Sonne. Ich guck da raus und sehe einen schönen Garten. Mit Wasser davor, Bäumen, eine Allee, Natur.
Th: Gefällt’s dir? Wenn du magst, geh ruhig auch mal raus.
Kl: Soll ich mal rausgehen? – Ja, wie komme ich denn da raus? Das ist ja in der ersten Etage?
Th: In der Phantasie geht alles. - Vogelgezwitscher wird eingespielt. -
Kl: Na gut, ich geh mal einfach raus. Ja, ich bin draußen. Es ist schön. Am Wasser. Ein schöner Garten ist da angelegt. Eine gestutzte Hecke, ganz ordentlich und gerade. Jetzt gehe ich mal zum Wasser. Ach, da sehe ich kleine Fischchen drin. Schön. Ein Springbrun-nen. – Klientin soll mal spüren, wie ihr Körpergefühl ist. – Leicht. Ich fühle mich wohl. – Aber da ist wieder der Schmerz in meinem Hinterkopf, auf der rechten Seite.
Th: Ja. Dann bitte mal den Schmerz, er soll sich jetzt in diesem Bild ausdrücken.
Kl: Schmerz, drücke dich bitte mal in diesem Bild aus. – Das ist eine Kugel, eine schwere Eisenkugel.
Th: Hmm. Was macht die Kugel, was passiert damit?
Kl: Die liegt nur da. Ich kann sie nicht bewegen.
Th: Ja. Dann sprich mal mit der Kugel. Sprich sie mal direkt an. Du kannst sie fragen, wie sie dahin gekommen ist.
Kl: Kugel, wie bist du dahin gekommen? – Die rollt. Sie sagt nichts. Kugel, wie bist du dahin gekommen? Ich nehm die jetzt mal in die Hand. Die ist gar nicht mehr so schwer. Die sieht nur so schwer aus. Eigentlich ist sie mehr wie ein Ball. Jetzt kann ist sie auch bewegen. Ja, richtig. Ich schmeiße den Ball in die Luft. Ich bin wie ein Kind – Klientin lacht. - Ja.
Th: Ja. Schau mal, was du da jetzt noch machen möchtest.
Kl: Ja, ich gehe jetzt mal noch ein bisschen um das Wasser rum, guck mir noch mal den Springbrunnen an. Ach, jetzt scheint die Sonne dagegen, jetzt sehe ich einen Regenbogen. Schön sieht das aus, wenn das Wasser so in allen Farben schimmert.
Th: Was ist mit dem Kopfschmerz?
Kl: Mit meinem Kopf? Ich glaube, also, der Kopf tut nicht mehr weh. Das ist runter gegangen, in die Schulter. Der Kopf tut nicht mehr weh.
Th: Ja, wenn das jetzt in der Schulter sitzt, sprich noch mal deine Schulter an.
Kl: Schulter, was machst du da – nee, Schmerz, was machst du in der Schulter? - Nichts.
Th: Du hast eben gesagt, Schulter was machst du da. Schau doch mal, was die Schulter macht.
Kl: Ja, die verkrampft sich. Schulter, wa-rum verkrampfst du dich?
Th: Kommt nichts?
Kl: Nee, aber ich glaube irgendwie lockert sie sich jetzt ein bisschen.
Th: Spür doch mal, ob du diese Verkrampfung kennst, aus deinem Alltag.
Kl: Es fällt mir nichts dazu ein. Nee. Ich weiß nicht, ob ich die – die Verkrampfung kenne. Ich meine, ich habe die schon öfter mal, aber -
Th: Fühlt die sich genauso an?
Kl: Ja, eigentlich schlimmer, manchmal. Das ist nicht so gravierend, heute.
Th: Hmm. Schau doch mal, wenn jetzt so die Erinnerung so daran kommt, wann taucht den diese Verkrampfung auf, was sind das denn für Situationen. Vielleicht fällt dir eine ganz konkrete ein dazu.
Kl: Nee.
Th: Wann hast du den Schmerz deutlich gespürt?
Kl: Schulterblatt lockern. Sag ich jetzt zu ihr. Oder entspanne dich.
Th: Wobei es auch ganz gut ist, zu gucken, weshalb es da ist. Nicht gleich wegschicken. Weil, in dem Moment, wo es weg ist, kannst du es nicht mehr wahrnehmen. Dann muss es über eine andere Schiene deutlich werden, was dein Körper dir sagen will.
Kl: Kann ich die Schulter noch mal fragen? –Therapeutin bejaht - Schulter warum bist du denn nun in Spannung. – Jetzt wird sie langsam weicher. Der Arm wird schwerer. Ich merke deutlicher die Anziehungskraft der Erde im ganzen Arm. Jetzt habe ich auf der Stirn Kopf-schmerzen. Ich merke eine Spannung im Kopf auf der Stirn.
Th: Hmm: Du kannst auch mit der Spannung reden. Was auffällig ist, ist, dass das in deinem Körper so hin- und herwandert. Wenn du es ansprichst direkt, nachhaltig, dann wandert es woanders hin.
Kl: Also, Kopfschmerz, was machst du da? Was willst du mir sagen? Ich glaube, der verflüchtigt sich. Ich gehe wieder in mein Schloß.
Th: Diese Spannung spielt Fangen mit dir. Jedes mal, wenn du sie einholst, ist sie woanders. Ja, geh ruhig in dein Schloß. Guck mal, was du machen möchtest, dort.
Kl: Ja. Eigentlich gefällt mir das da nicht mehr. Ich geh mal zu anderen Seite.
Th: Was heißt das, welche andere Seite?
Kl: Ich gehe jetzt mal aus dem Zimmer raus, über den Gang, und geh mal in die erste –
Th: Halt. Bleib mal vor der Tür. Guck mal, da gibt es ein Schild. Da steht das Thema drauf, was hinter der Tür ist. Guck mal drauf, welches Schlagwort.
Kl: Hm. Da steht Keller drauf.
Th: Ja, wenn du magst, geh jetzt mal hinein.
Kl: Ja, ich gehe gerne in den Keller. Ich geh mal die Treppen runter. Huuh, alles ganz duster und dunkel. Hmm. Da muss ich noch über eine Holztreppe gehen, es geht immer weiter, tiefer, alles dunkel, wie in einem Verließ.
Th: Wie fühlst du dich jetzt dort.
Kl: Hm, normal. Also, jetzt – ich bin jetzt nicht beunruhigt, ich habe auch keine Angst, das ist irgendwo nur alles so ernüchternd, wenn man das so sieht. Kalter Stein, kalter Steinboden. Hm, da hinten ist eine ganz dunkle Ecke. Ach, da stehen alte Möbel.
Th: Hmm, guck mal, ob du die Möbel kennst.
Kl: Ja, einen Sessel kenne ich. Der Sessel stand früher bei uns zu Hause, da war ich aber noch Kind. Ein altes Ding.
Th: Guck mal, ob er dich an irgendwas erinnert zu Hause.
Kl: An was erinnert mich der? Nö, ich bin da immer gerne drauf rumgesprungen.
Th: Geh doch noch mal da hin. Spür mal, wie du da drauf rumspringst.
Kl: Spaß habe ich dabei. Gefällt mir gut. Ich bin ganz schön wild.
Th: Guck mal, was sich aus dieser Situation entwickelt.
Kl: Ja, mal gucken. – Hmm, ich sehe so nichts Konkretes, ich laufe eigentlich nur durch die Wohnung. Ich gehe vom Wohnzimmer in die große Wohnküche, da ist aber niemand, auch meine Mutter nicht. Geh dann ins Kinderzimmer, ja, da ist mein Bruder. Mein älterer Bruder.
Th: Guck mal, was er da macht?
Kl: Och, der liegt im Bett, ganz gemütlich. Und der andere Bruder - der andere Bruder, der spielt.
Th: Wie fühlst du dich denn mit den beiden?
Kl: Gut. Ich fühle mich gut dabei. Na, jetzt prügeln wir uns. Oh, oh, oh – Klientin wird gefragt, wie sie sich dabei fühlt. - Wie fühle ich mich dabei? – Klientin lacht. - Ja, es geht so, aber, schließlich bin ich ja die ältere, das kann man sich ja nicht so gefallen lassen. Nee, aber, das ist schon wieder in Ord-nung. Ja.
Th: Magst du die beiden?
Kl: Ja. – Klientin soll es Ihnen sagen. - Ich mag euch beide, ich mag euch beide gerne. Ja, die freuen sich auch. Jetzt spielen wir Ringelreihen. Komisch. Ich glaube, das haben wir nie gemacht. Nee, wir spielen ganz in Frieden. Jetzt renn ich raus auf die Straße. Das ist keine befahrene Straße, ist ne Sackgasse. Ja, da fühle ich mich auch wohl, mit den anderen zusammen, mit den anderen Kindern.
Th: Schau mal, was du machst?
Kl: Ich mache nichts, ich fühle mich wohl, hole tief Luft und genieße, dass ich da bin.
Th: Hmm, dann spür mal in deinen Körper hinein, spür mal, wie er sich anfühlt.
Kl: Ja, mein Körper ist – ja, ich merke ihn kaum. – Klientin soll es ihm sagen. - Körper, ich merke dich kaum. Ich spüre nur die hinteren Wirbel, wie die aufliegen auf dieser Matratze, die spüre ich sehr deutlich.
Th: Ist das angenehm oder unangenehm?
Kl: Ja, es ist nicht unangenehm. Also, aber es ist auch nicht angenehm. Ich spüre es einfach. Wie so eine körperbewusste Matratze. Zur Unterstützung – ja, so ist es, mehr angenehm. Aber nicht wie so`n Bett, wie so ein Gipsbett, nee, das will ich nicht.
Th: Du sagtest gerade, aber nicht wie so ein Gipsbett, nee, das will ich nicht. So eine bewusste Abwehr. Spür mal, was das ist, dieses Gipsbett, oder was das so damit auf sich hat, dass dir das jetzt so in den Sinn kommt.
Kl: Gipsbett, was meinst du damit, was meine ich damit? – Ich möchte nicht, dass ich mich nicht mehr bewegen kann. – Klientin wird gefragt, ob sie das kennt. - Eigentlich nicht, eigentlich kenne ich das Gefühl nicht. Höchstens aus Angst, aber –
Th: Was ist das für eine Angst?
Kl: Es ist Angst, die mir schon mal im Traum begegnet. Wo ich dann regungslos bin und ich nichts mehr machen kann und ich eben nicht mehr reagieren kann.
Th: Bist du jetzt bereit, diese Angst mal da sein zu lassen, mehr hinzuschauen?
Kl: Soll ich sie mal da sein lassen? – Also Angst, ich lass dich jetzt mal kommen. – Ich entspanne mich immer mehr. Es wird noch lockerer. Ich merke jetzt so meinen Pulsschlag im Unterbauch. Komisch. Ich habe da auch ´ne Narbe.
Th: Was ist das für eine Narbe?
Kl: Ja, von der Gebärmutterentfernung. Genau.
Th: Wie lang ist das her?
Kl: 3 oder 4 Jahre.
Th: Also nach deiner ersten Operation?
Kl: Nach der ersten Operation, ja. Da war ein Myom. Hmm. Da musste sie raus oder sollte sie raus. Ich spüre das sehr deutlich heute.
Th: Welches Gefühl taucht auf dazu?
Kl: Ich weiß es nicht. – Klientin wird aufgefordert, mehr zu atmen. - Traurigkeit. Das ist es. Ich bin traurig.
Th: Dadurch, dass die Gebärmutter weg ist?
Kl: Ja, ich bin traurig, dass sie weg ist. Warum denn? Was soll ich machen? Soll ich fragen, warum ich traurig bin? Nee.
Th: Sprich doch einfach mal mit ihr. In deiner Psyche, also energetisch, ist sie noch da. So dass du noch mit ihr reden kannst. In deiner Wahrnehmung, in deiner Vorstellungswelt. Und da kannst du sie mal ansprechen, ihr sagen, dass du traurig bist, dass du jetzt die Narbe so wahr nimmst, ja, was da ist, im Moment.
Kl: Traurigkeit, warum bist du da? Ich krieg keine Antwort. Die Traurigkeit ist wie eine Frauengestalt. Ganz verschleiert.
Th: Sprich mal mit der Frauengestalt. Dass du sie wahrnimmst und dass sie verschleiert ist.
Kl: Verschleierte Traurigkeit, was möchtest du mir sagen? Nee. Sie sagt nichts. Sie guckt jetzt aber. – Klientin soll es ihr sagen. - Sie sieht aus wie so eine Mutter Gottes. Komisch. Warum guckst du mich so an? Sie weint. Hmm. Warum weinst du? Sie hat mich verloren. Ich weine jetzt auch.
Th: Hast du sie auch verloren?
Kl: Wir halten uns beide fest und weinen.
Th: Was ist passiert?
Kl: So, jetzt geht es wieder.
Th: Was ist mit der verschleierten Frau?
Kl: Ja, wir liegen uns ja noch in den Armen. Aber sie ist nicht mehr verschleiert. Es ist eine ältere Dame. Sie hat graues Haar. – Klientin soll sie direkt ansprechen. - Ach so. Ältere Frau, du hast graues Haar, du hast einen Zopf, hochgesteckt. Du siehst aus wie eine ehrwürdige alte Dame. Ja, irgendwie nett auch. Ich finde sie in Ordnung. Sie streicht mir jetzt über den Rücken. Ich finde das schön. Es ist ein wohliges Gefühl. – Klientin soll es wieder direkt sagen - Äh, jetzt ist die ältere Frau nicht mehr da. Die ist weg. Sie hat sich aufgelöst. Ich steh jetzt da ganz alleine.
Th: Spür doch mal zu deiner Narbe hin.
Kl: Ja. Nee, da ist jetzt – ja, was ist denn da jetzt? Ein leichtes Ziehen – nee, eigentlich auch nicht. Ja, irgendwie hohl, aber, es ist jetzt nicht unfreundlich. Ja. Nee, also es geht, es tut mir nicht weh. Aber ich bin jetzt wieder bei meiner Schulter. Ich muss jetzt unbedingt wieder zu meiner Schulter. Ich merke sie jetzt wieder verstärkt. Schulter, warum schmerzt du wieder gerade jetzt? Da sind Panzerketten drum. Ich kann mich da nicht bewegen. Schulter, warum kann ich mich nicht bewegen? Die sagt nichts.
Th: Lass dir doch mal von den Panzer-ketten zeigen, wann sie da hin gekommen sind.
Kl: Wann bist du dahin gekommen? Schmerz, wann bist du in die Schulter gekommen? - Ich sitze auf dem Kranken-hausbett. Ich bin operiert worden.
Th: Welche Operation war das?
Kl: Damals, 1992 glaube ich. Von da habe ich das. Von der ersten Operation.
Th: Gut, dann sei noch mal dort. Geh noch mal in die Situation in die Klinik hinein. Spür, wie du auf diesem Bett sitzt und spür mal, was das ist in dir, wie fühlt es sich an. Was wird da ausgelöst?
Kl: Was ist das, was ist das in mir, was diesen Schmerz bereitet?
Th: Spür vielleicht mal, was in dieser Situation dort passiert.
Kl: Ich sitz im Bett, ich hab `nen weißen Kittel an und kann mich nicht bewegen.
Th: Ist das dieses Nicht-bewegen-können, wovor du vorhin Angst hattest?
Kl: Hmm. Meine Mutter sitzt am Bett. Die weint.
Th: Was macht das mit dir, wenn du es wahr nimmst.
Kl: Nichts. Warum weinst du, Mutter. – Klientin soll ihr dabei in die Augen schauen. Sie wird aufgefordert, zu atmen. - Ja ich kann jetzt wieder aus dem Bett steigen, ich kann mich wieder bewegen.
Th: Was ist mit deiner Mutter?
Kl: Die sitzt immer noch auf dem Stuhl und weint. Sie weint, weil sie mir nicht helfen kann.
Th: Wie fühlst du dich damit?
Kl: Schlecht. Ich fühle mich schlecht, wenn du weinst Mutter. Ich kann das nicht vertragen. Lass das sein!
Th: Wie reagiert sie?
Kl: Ja, die schnupft sich die Nase. Und legt ihre Arme um mich.
Th: Wie fühlst du dich damit? – Klientin erwidert, sie wisse es nicht. - Hilft sie dir oder musst du ihr helfen?
Kl: Wir müssen uns beide helfen. Ich muss ihr helfen.
Th: Fühlst du dich dazu in der Lage?
Kl: Eigentlich nicht. – Klientin soll es direkt sagen. - Ich fühle mich nicht in der Lage, dir zu helfen. Ich muss mir jetzt selber helfen. Die guckt mich ganz groß an. Ja.
Th: Ja, sie soll mal Mama sein jetzt. Du brauchst jetzt Hilfe, du brauchst jetzt Unterstützung. Du bist im Krankenhaus.
Kl: Mutter, ich brauche Hilfe. Ich brauche niemanden, der weint. Tja, das findet die auch in Ordnung.
Th: Ist sie bereit, dir zu helfen?
Kl: Bist du bereit, mir zu helfen? Ja? Ja, sie nickt mit dem Kopf und sagt, sie will mir helfen.
Th: Ja, lass dir doch mal helfen, guck mal, was sie macht?
Kl: Sie macht nichts. Wie willst du mir helfen? Wie kannst du mir helfen. Sie streichelt mir nur die Hand. Wieso nur? Hmm. Ich brauche Hilfe.
Th: Spür mal, was das für eine ist. Was für eine Art Hilfe willst du haben von ihr.
Kl: Was brauche ich für eine Hilfe? - Ich möchte gerne, dass du mich in den Arm nimmst, Mutter. Das macht sie, aber irgendwie so komisch.
Th: Sags ihr, wenn es nicht stimmt.
Kl: Mutter, du nimmst mich so komisch in den Arm, gar nicht mit dem Herzen! Das versteht sie nicht. – Mutter, du nimmst sie mich so komisch in den Arm. Jetzt weint sie wieder. Verdammt noch mal! Warum weinst du denn jetzt? Nein, ich brauche die Hilfe! - Klientin soll es sagen, wenn sie wütend ist. - Ich bin wütend auf dich. Aber ich lieb dich. Wir nehmen uns jetzt in den Arm.
Th: Spür mal, ob sich an der Qualität was verändert.
Kl: Ja. Also, wir nehmen uns freundschaftlicher in den Arm. Nicht so Mutter-Kind oder fremd. Nee. Nee, prima, ich freue mich. Ja. Hmm. – Klientin atmet durch. - Jetzt ist aber immer noch meine Schulter wieder da.
Th: Frag mal deine Schulter.
Kl: Schulter, warum bist du jetzt wieder am schmerzen? Da sind noch so eine paar Ringe drum.
Th: Lass sie dir zeigen. Inhaltlich, als Situation. Guck mal, vielleicht ist auch mit deiner Mutter noch was nicht geklärt, schau mal hin.
Kl: Das kann natürlich sein. Was seid ihr für Ringe, die noch um meine Schulter sind? - Es ist die Situation mit meiner Mutter. Eigentlich sind wir uns fremd. Also Mutter, jetzt sitzen wir uns mal gegenüber und zanken uns nicht. Ich konnte das noch nie leiden bei dir, immer die Keiferei. Na, und ich hab nicht so pariert wie sie immer wollte. Das ist ja mal interessant. Tja. Und nu?
Th: Ja, guck mal, was du mit deiner Mutter machen willst. Da scheint ein Thema drin zu hängen.
Kl: Am liebsten würde ich ihr mal eine kleben.
Th: Ja, mach`s doch mal. - Klientin lacht laut.
Kl: Soll ich mal machen? –Therapeutin ermutigt die Klientin dazu. – Also, Mutter, ich kleb dir jetzt eine. Hmm. – Therapeutin fordert die Klientin auf, dabei mehr zu atmen. - Nee. Kann ich nicht. Ich kann nicht zuschlagen. - Klientin lacht auf.
Th: Kannst du nicht? – Klientin verneint. - Was hemmt?
Kl: Doch. Ich mach das jetzt mal. – Therapeutin erklärt, dass dies Phantasie der Klientin ist, die Phantasiebilder, mit welchen sie gerade kommuniziert. Da sollte sie auch die Freiheit dazu haben, das zu tun. - Ja, das mache ich jetzt auch. - Die guckt natürlich ganz verdattert.
Th: Wir haben so Stöcke hier, da kannst du auch mal richtig auf den Boden hauen. Willst du? – Klientin bejaht. - Da musst du dich aufsetzen.
Kl: Oh nee. Warte mal. - Klientin atmet tief. - Tja. Das verflüchtigt sich alles. Ich bin nicht mehr so wütend.
Th: Ja. Lass deine Mutter weiterhin da sein. Schau ihr mal in die Augen.
Kl: Ja. Meine Mutter ist da. Sie guckt mich an. Sie hat traurige Augen. Hmm. Die erzählt mir wieder soviel. Meine Mutter sabbelt mir die Ohren voll.
Th: Willst du es hören?
Kl: Also Mutter, du sabbelst mir die Ohren voll. Ich will das nicht. Hmm. Ja. Im Moment hält sie sich dran.
Th: Wie hat sie denn die Ohrfeige aufgenommen?
Kl: Ja, die Ohrfeige, das war – sie wackelte mit dem ganzen Kopf. Das sah eigentlich zum piepen aus. Aber – alles wackelte hin und her, aber sie hat überhaupt nichts gesagt. Ich konnte ihr eine kleben, ohne dass sie was gesagt hat.
Th: Das erstaunt dich?
Kl: Ich verstehe das nicht. – Klientin soll es ihr sagen. - Ich verstehe nicht, warum du nicht sagst, dass es dir vielleicht weh tut oder was. - Nee. Sie sagt nichts da-zu. Also, wir sitzen uns jetzt gegenüber, gucken uns in die Augen – nee. Wir trauen uns nicht so richtig.
Th: Hmm. Was würdest du ihr denn gerne sagen?
Kl: Mutter. Ich mag dich gerne. Sie verschwindet.
Th: Wie fühlst du dich denn?
Kl: Hm, es geht so.
Th: Lass sie wieder da sein.
Kl: Ich merke wieder meine Schulter.
Th: Jedes Mal, wenn deine Mutter abhaut, meldet sich deine Schulter wieder.
Kl: Neee. – Klientin lacht leise.
Th: Doch. Das war eben schon mal. Das heißt, deine Schulter zeigt dir ganz genau, du bist noch nicht fertig.
Kl: Das heißt, ich muss mich noch weiter mit meiner Mutter beschäftigen?
Th: Fühlt sich so an, oder? Guck doch mal rein. Guck doch mal was passiert, wenn du deine Mutter wieder auftauchen lässt, was passiert dann mit dem Schmerz in deiner Schulter?
Kl: Also, ich lass meine Mutter wieder auftauchen. – Also, jetzt ist er aber bei weitem nicht so stark wie eben, dieser Schmerz.
Th: Okay. Dann schick deine Mutter noch mal weg. Mal gucken, was dann passiert.
Kl: So, jetzt geh wieder. – Jetzt ist er intensiver.
Th: Merkst du was?
Kl: Hmm. Scheint ein Mutterproblem zu sein.
Th: In der Schulter dort, ja. Und zwar in der Situation anscheinend im Kranken-haus. Kann allerdings auch schon weiter zurückliegen, nicht, das gibt eine Kopplung. Mit der Situation im Kranken-haus. Frag mal deine Schulter, ob sie dich dahingehend noch weiter zurückführt, oder welche Situation jetzt wichtig ist.
Kl: Also, mir fallen jetzt zwei Situationen ein. Einmal, da hat meine Mutter mir eine gescheuert. Das erste und einzige Mal. Ich weiß gar nicht, was da passiert ist. Aber wir waren beide relativ verdattert. Na ja. – Klientin soll mal in die Situation zurückgehen. - Ja, ich bin da. Ich schrei sie an. Du hast mir weh getan. Du hast mich getroffen. Ich werde alles dem Vater erzählen, wie man hier misshandelt wird.
Th: Schau mal, wie sie reagiert.
Kl: Wütend. Die ist immer noch wütend. Ich weiß gar nicht, was ich gemacht habe! Dass man so ausrastet! - Mutter, was habe ich gemacht, dass du so ausrastest?! Keine Ahnung. Willst mal wieder deinen Kopf durchsetzen.
Th: Wer – sie oder du?
Kl: Ich. Aber sie auch. Ja, das gefällt mir nicht. Aber ich bin am schreien.
Th: Du bist ganz ruhig hier am Liegen. Was ist mit deinem Schreien, mit deiner Wut? Das spielt sich alles innen ab, nicht?
Kl: Ja.
Th: Probiers doch mal ein bisschen lauter.
Kl: Die Wut – die Wut ist auch in der Schulter. Ich merke es. Jetzt ist die Wut in der Schulter. – Klientin räuspert sich. – Wie drückt sich Wut aus?
Th: Ja, atme einfach mal mehr. Mehr atmen. Mehr atmen, und bleib in Kontakt mit deiner Mutter. - Musik wird eingespielt. -
Kl: Mutter. Jetzt nimmt sie mich in den Arm und sagt, es sei nicht so gemeint.
Th: Wie fühlst du dich damit?
Kl: Ja, trotzdem unverstanden. – Klientin soll es der Mutter sagen. - Ich fühle mich trotzdem unverstanden. So einfach geht das nicht, mir erst eine knallen und dann in den Arm nehmen. Ja, sie sagt, sie hätte es nicht so gemeint. Warum macht sie es dann erst? – Warum machst du es denn erst? - Ja, sie fühlt sich überfordert. Ja, das stimmt. Okay.
Th: Hmm. Was heißt okay jetzt?
Kl: Jaa - ich kann mich damit – mit der Situation anfreunden. Ich akzeptiere das. - Muss ich dich unterstützen? – Sie meint ja. Wie kann ich dich denn unterstützen? Mutter, wie kann ich dich unterstützen? Sie sagt nichts. Hmm. Meine Schulter tut mir weh.
Th: Ja. Frag doch mal deine Schulter, ob sie sich irgendwie anders ausdrücken kann mit diesem Schmerz. Dass sie dir mal zeigt, wo es lang geht.
Kl: Schulter, kannst du dich mal anders ausdrücken, kannst du mir sagen, wo ich hingeführt werden muss. Nee. – Ich sitze jetzt auf einer Lichtung. Im Wald. Die Sonne scheint mir ins Gesicht. Ich beobachte die Ameisen.
Th: Wie alt bis du dort?
Kl: Schulter, was willst du mir sagen? – Nichts. Ich sehe die Situation, ich laufe von Baum zu Baum.
Th: Ist der Schmerz da?
Kl: Im Moment nicht. Ich wundere mich darüber, eben war er noch da, jetzt ist er nicht mehr da.
Th: Ja. Geh doch mal in deinen Körper hinein dort, und spür, wie du von Baum zu Baum rennst, und spür, was in deinem Körper da passiert.

Kl: Was passiert, wenn ich von Baum zu Baum laufe. Ich fühle mich leicht und beschwingt. Ich fühle mich wohl. Ja.
Th: Was ist mit deiner Energie in deinem Körper, wie nimmst du die wahr? Das Fließen in deinem Körper, wie nimmst du das wahr?
Kl: Ich merke jetzt meine Schulter wieder! An was habe ich denn eben ge-dacht? Ich habe daran gedacht, dass ich nicht gut höre. Und schon verkrampft sich das wieder alles. Jaa, das wird es sein. Warum? Was ist mit meinem Ohr? Ohr, was ist mit dir? Schon merke ich auch wieder meine Schulter stärker. – Meine Mutter hat mich am Ohr getroffen.
Th: Ja. Dann sag ihr mal, deiner Mutter, dass es dir heute noch Probleme macht - wie diese Verbindung ist.
Kl: Mutter, du hast mich am Ohr getroffen und es bereitet mir heute Probleme. Die guckt mich ganz groß an! Du bist ja schuld. Nee, das glaubt die nicht.
Th: Was macht das mit dir?
Kl: Im Moment – nichts.
Th: Ja, deine Mutter trifft dich am Ohr und du kriegst sofort die Wahrnehmung, du hörst nicht so gut und deine Schulter verkrampft sich dann.
Kl: Hmm. Komisch.
Th: Guck, was das vielleicht auch im Krankenhaus auf sich hat. Da bist du ja zuerst von deiner Schulter hingeführt worden.
Kl: Krankenhaus – Schulter – Mutter - ? Ja. Passiert nichts.
Th: Was hat die Situation mit hören zu tun?
Kl: Im Krankenhaus? Der Arzt kommt rein und sagt, es ist böse, wir müssen mit Chemotherapie anfangen. Und ich sage, ja, in Ordnung. Und meine Mutter sagt, was hat er gesagt? Da fauche ich sie an und sage, das hast du doch gehört.
Th: Bist du wütend?
Kl: Ja, und?
Th: Spür mal, auf wen du wütend bist.
Kl: Ich denke, ich hör nicht gut. Sie hört nicht gut!
Th: Und du fauchst. Spür mal, was der Arzt vielleicht in dir ausgelöst hat jetzt gerade, er hat ja gesagt, Chemotherapie, es ist böse. Spür mal, was da passiert in dir, wenn du die Worte hörst.
Kl: Ich werde traurig.
Th: Geh noch mal in die Situation.
Kl: Ich liege da und kann mich nicht bewegen und der Arzt kommt im Vorbeigehen vorbeigerauscht und sagt es. Ich kann gar nicht denken.
Th: Ja. Sag ihm das mal.
Kl: Wie ein Schock. Ich kann nicht denken, wenn du so was sagst. Es ist ein Schock. Ich kann es nicht wahrnehmen, ich lass es einfach nur mit mir geschehen.
Th: Spür mal, wo dir der Schock hinfährt, im Körper. Wie fühlt sich das an.
Kl: Öd. Öd und leer fühlt sich das an. So nach gar nichts. Ja, meine Schulter schmerzt wieder. Ich spüre sie sehr deutlich. Ja, fast unerträglich. – Klientin soll die Schulter direkt ansprechen. - Schmerz, Schulter, ich spüre dich sehr deutlich, du bist fast unerträglich für mich. Die krampft sich noch mehr zusammen.
Th: Hmm. Atme mal da rein. Guck mal, ob es sich in ein Bild umsetzt, oder in Stimmen.
Kl: - Klientin atmet hörbar. - Wut.
Th: Wut, ja. Schau mal, was du mit der Wut machen willst, jetzt.
Kl: Ja, am liebsten möchte ich sie raustrommeln aus meinen Armen. Und das mache ich jetzt. – Klientin schreit vor Schmerz laut auf.
Th: Wir haben einen Schlagstock hier, du kannst das mit einem Schlagstock machen.
Kl: Nee. – Therapeutin fordert die Klien-tin zu stärkerem Atmen auf.
Th: Ja, mach einen Ton dazu. Ja, mach ruhig einen Ton dazu, das ist okay. - Klientin atmet schwer und schägt. Sie wird wieder aufgefordert, mehr zu atmen und einen Ton zu machen. – Guck mal, was von selber kommt. - Die Klientin hustet. Musik wird eingespielt.
Kl: Wut, raus! - Klientin schlägt auf den Boden und hustet. – Ich kann nicht mehr.
Th: Schau dir die Situation an. Was ist jetzt. Was ist mit dem Arzt, mit deiner Mutter, mit dir dort in dem Zimmer?
Kl: Es wirkt alles beängstigend.
Th: Spür mal, was du jetzt festhältst.
Kl: Ich halte mich fest, ich schütze mich. Ich schütze mich vor allem. Sie tun mir weh. – Sie soll es ihnen direkt sagen. - Ihr tut mir weh! – Ihr tut mir weh. – Klientin weint.
Th: Ja. Erlaub’s dir. Ja, nicht runterschlucken. Lass es da sein. Du hast es viel zu lange festgehalten.
Kl: Ich komme mir so blöd vor.
Th: Was ist so blöd?
Kl: Ich sitz hier und heul die ganze Zeit.
Th: Wo hier?
Kl: Ich glaube, ich habe in den letzten Monaten nicht so viel geheult wie heute hier.
Th: Jetzt hier in der Session? Das macht nichts. Das ist gut, dass es endlich rauskommt. Da ist eine Spannung in dir, die hast du ganz lange festgehalten. Jetzt kann das so ein bisschen abfließen. Du siehst, wie viel noch in der Situation drin hängt, da im Krankenhaus. – Wie viel Schmerz noch nicht verarbeitet ist. Es ist ganz wichtig, diese Situationen noch zu lösen. - Klientin atmet tief durch.
Kl: Irgendwie geht es mir jetzt ein bisschen besser.
Th: Ja, jetzt ist ein bisschen abgeflossen. Was wir noch dringend tun müssen, ist in den Situation direkt arbeiten, wo du dich so ausgeliefert fühlst, wo der Arzt so über deine Gefühle drüber geht. Da muss noch ganz viel Wut und alles mögliche, was du da noch festhältst, raus. Der muss in dir anders reagieren, liebevoller. Die Situationen müssen sich dahingehend noch verwandeln. Dann entspannt es sich, ganz tief. Jetzt ist so was wie, jetzt haben wir erst mal so einen Deckel aufgemacht und der erste Dampf kommt raus. Geh doch noch mal in die Situation da im Krankenzimmer hinein. Guck mal, ob es geht für dich. Ob es heute machbar ist.
Kl: Also noch mal ins Krankenzimmer. Wenn der Arzt reinkommt?
Th: Und spür mal, wie es sich jetzt an-fühlt, ob sich da schon etwas verändert hat. Allein dadurch, dass ein bisschen Traurigkeit schon abfließen konnte.
Kl: Irgendwie bin ich, glaube ich, ruhiger und gelassener. Also, es ist nicht mehr diese Ohnmacht, wo ich nicht reagieren kann. Ich nehme es einfach so hin.
Th: Horch mal, was er sagt.
Kl: Arzt, was sagst du jetzt? Ah, jetzt sehe ich auch, dass er – er guckt mich direkt an. Und – wie ist das jetzt mit diesem... ? Ja, er guckt mich an, aber – er lacht ein bisschen. Er ist nicht mehr so ernst. Ja, genau. Er sagt mir noch mal, dass es böse war, und dass sie mit der Chemotherapie anfangen. Er sagt es ganz normal.
Th: Wie ist das für dich jetzt?
Kl: Ja. Ich fühle mich nicht mehr so krank. Ich nehme es an- wie fühle ich mich denn? – Besser. Ja. – Klientin soll es ihm sagen. – Ja. Er kommt zu mir ans Bett, steht nicht mehr am Kopfende, kommt an meine Seite. Und – ja, er streichelt mir die Hand. Nee, das will ich auch nicht. Ich will das nicht, dass du mir die Hand streichelst! Ich bin nicht so hilfebedürftig.
Th: Da kommt gleich der nächste Mustersatz.
Kl: Aber der grinst sich nur eins. Das finde ich ja auch nicht in Ordnung. Aber er geht aus dem Zimmer.
Th: Guck mal, was gerade passiert ist. Dein Unterbewusstsein hat ganz von selbst entwickelt, dass er dir die Hand streichelt und sofort kam : Nee, das will ich nicht. Das kennst du. Gell? Da kam sofort eine Erinnerung an irgendetwas anderes so, woher du das kennst. Dann habe ich angefangen, so etwas zu shakern, nicht, und dann konnte der Arzt da auch shakern. Das heißt, wir sind da in einer ganz guten Zwiesprache. Auf dieser tiefen Ebene. Hast du das mitbekommen?
Kl: So halbwegs. Ja, das ist so gut auf alles, nicht, in dem Moment, das ist die Situation.
Th: Sag’s noch mal, was du meinst.
Kl: Ja, wo ich wütend war, auf meine Mutter, dass die nicht richtig gehört hat, auf den Arzt, der das gesagt hat – komisch, man vermischt alles miteinander.
Th: Ja. Und trotzdem ist der rote Faden darin. Gefühle, die du kennst, Situatio-nen, die du bereits erlebt hast, werden verknüpft miteinander. Guck mal, wie deine Mutter jetzt reagiert dort.
Kl: Ja, meine Mutter – meine Mutter sitzt da auf dem Stuhl. Also, sie hatte mir auch die Hand gestreichelt. Das wollte ich ja auch nicht. Das ist mir nur nicht recht. Ich will nicht bedauert werden.
Th: Da kommt ein Gefühl hoch, nicht? – Klientin bejaht. - Was kommt denn da hoch, wenn du bedauert wirst?
Kl: Ja, ich weiß es nicht, da fühle ich mich so klein, wenn ich bedauert werde, so ohne eigenen Willen, so -
Th: Der hat plötzlich Macht. Gibst du die Kontrolle ab?
Kl: Ja. Man gibt die Kontrolle ab. Man muss sich fallen lassen. - Klientin soll es in der Ich-Form sagen. - Ich muss mich fallen lassen. Aber manchmal ist es ja gar nicht schlecht, nicht? Ich bin mehr ein Kopfmensch. Ich lasse meine Gefühle nicht hochkommen.
Th: Hmm. Wird dringend Zeit, jetzt.
Kl: Und warum nicht? Warum lasse ich meine Gefühle nicht hochkommen.
Th: Du weißt es.
Kl: Ich weiß es nicht. – Klientin wird aufgefordert, mehr zu atmen.
Th: Was passiert, wenn die Gefühle hochkommen?
Kl: Ja, was passiert? Ich verliere die Kontrolle.
Th: Ja, genau.
Kl: Ja, aber man muß nicht alles kontrollieren. Ich muß nicht alles kontrollieren.
Th: Das sagt jetzt aber der Kopf, nicht?
Kl: - lacht ein wenig - Das sagt jetzt mein Kopf.
Th: Das ist auch richtig, was er sagt, das Problem ist nur, wie loslassen, nicht?
Kl: Sag mal, wie viele Stunden haben wir denn jetzt schon hinter uns?
Th: Knapp anderthalb.
Kl: Müssen wir weitermachen?
Th: Wir sind gleich fertig. Ich wollte ganz gerne mit dir noch mal zurückschauen kurz, dorthin, wo deine Mutter dich vorhin geschlagen hat.
Kl: Wo meine Mutter mich geschlagen hat?
Th: Ja. Als junges Mädchen. Geh doch noch mal in die Situation und schau, was sie jetzt tut.
Kl: Also. Meine Mutter ist in der Küche, ich war in meinem Zimmer, geh die Treppe runter, sie schreit mich an, ich schrei zurück, und da hatte ich eine gepfeffert.
Th: Kriegst du sie wieder, jetzt?
Kl: Nee, eigentlich nicht.
Th: Was macht sie denn jetzt?
Kl: Die ist eigentlich nur wütend. Nee, jetzt gibt sie mir keine Ohrfeige. Nee, sie bremst vorher ab. Ja, und schüttelt mich allerdings, nimmt mich an den Schultern und schüttelt mich hin und her. Und schreit mich an, ich soll das nicht noch mal machen.
Th: Was sollst du nicht noch mal machen. Frag sie doch mal.
Kl: Ja, ihr auf der Nase rumtanzen. Mit meinen Antworten, die ich gebe.
Th: Wie fühlt sich denn deine Schulter an?
Kl: Ja, ich hatte gerade schon festgestellt, dass die also nicht mehr so ganz verkrampft ist, also, wie vorhin. Das ist schon – also der Schmerz ist so nicht mehr da. Ich spüre sie noch im oberen Bereich, aber nicht mehr so wie vorhin. Nee. - Klientin atmet tief auf. - Ein bisschen ist noch da. Das merke ich wohl.
Th: Hmm. Frag mal deine Schulter, was sie noch braucht.
Kl: Schulter, was brauchst du? Wärme braucht meine Schulter.
Th: Hmm. Ja, guck mal, wie du ihr Wärme geben kannst. Jetzt.
Kl: Wie gebe ich meiner Schulter Wärme? Indem ich die ganze Energie in die Schulter leite.
Th: Hmm. Wenn du das so machen kannst –
Kl: Ja, ich probiers mal. Energie, geh mal in den Schulterbereich und mach dich ganz warm. Breite dich aus. Das ist eine Sonne, die da drauf strahlt. Ja. Die kann sich dann besser ausdehnen. Es sind da nicht mehr soviel Ringe da drum.
Th: Wieviele nimmst du denn wahr?
Kl: Ich sehe eigentlich jetzt noch einen. Einer, der ist allerdings aus Gummi, aus Hartgummi.
Th: Guck mal, ob du ihn abstreifen kannst.
Kl: Das ist natürlich eine Idee. Kann ich den Ring abstreifen? Moment mal. - Nee. – Doch, der ist ja elastisch! Ja. Jetzt ist die Schulter frei beweglich. Das sind jetzt nur noch ein paar Muskeln, die da verspannt sind. Ähh? Sieht aus, wie eine anatomische Schulter! Schulter, was brauchst du noch? – Ich glaube, rot. - Musik wird eingespielt. -
Th: Hmm. Ja, dann stellt dir doch mal vor, dass dieses Rot in einem ganz breiten Strom aus dem Kosmos kommt, in dich einströmt und dich ganz anfüllt damit. Und dann spür mal, wo besonders viel von dem Rot hinfließt. Und wenn du angefüllt bist davon und das Rot aufhört zu fließen, dann sag mir bescheid.
Kl: Noch ein Eimer Rot. Hmm, jetzt kommt nichts mehr.
Th: Wo ist denn besonders viel hingeflossen.
Kl: Auf die ganze rechte Seite.
Th: Hmm. Spür mal, wie sich jetzt alles anfühlt damit, und vor allem auch deine Schulter.
Kl: Gut fühlt sich das an. Die Schulter – eigentlich schmerzt sie nicht mehr. Der Arm ist ganz schwer. Hmm. Doch. Ich fühle mich gut.
Th: Wollen wir das so stehen lassen, für den Moment, für heute?

- Klientin bejaht. Ende der Session.